BLICK INS LAND
Sonntag, 10. Januar 1988
"Hören und Spielen" am Klavier als Auftakt
Die Akademie für Musikpädagogik stellt sich vor / Im Barockpalais wohnt eine
Musenfamilie
Von unserem Mitarbeiter
Joachim Haubrich
MAINZ. - Das Barockgebäude des Dalberger Hofes in Mainz, ehemals
Justizpalast, ist heute nicht nur Sitz des Peter-Cornelius-Konservatoriums,
sondern auch anderer musikalischer Institutionen, für deren Verbund sich
zunehmend der Name „Haus der Musik" einzubürgern pflegt. Dort haben neben
dem Konservatorium noch vier weitere Einrichtungen aus der gleichen
Musenfamilie ihr Zuhause gefunden: die Geschäftsstelle der
rheinland-pfälzischen Sektion von „Jugend musiziert", der Landesmusikrat
Rheinland-Pfalz, die Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz und schließlich die
Akademie für Musikpädagogik.
1986 aus einem musikpädagogischen Notstand geboren, kann die Akademie für
Musikpädagogik als bundesweit einmalige Einrichtung gelten, die versucht,
all jenen zuzuarbeiten, die in irgendeiner Form mit dem Musikunterricht
betraut sind. Hierfür entwickelt sie aus der Praxis heraus eigene
Unterrichtsmodelle und Forschungsprojekte, die, nach entsprechender
Ausarbeitung, über eine schnell wirksame, praxisbezogene und vor allem
erziehungswissenschaftlich fundierte Fortbildung der Musiklehrenden wieder
der Praxis zugeführt werden sollen.
Konkret bedeutet dies: ein handwerklich hochbegabtes Pianistentalent soll
nicht länger ohne Elementarkenntnisse in der Musiklehre musizieren. Mit der
oft einseitig gepflegten Spieltechnik müssen sich Kenntnisse über
Intonation, Harmonie, Form, Stil, Klang ebenso verbinden, wie eine
begleitende Gehörbildung und schließlich eine eigene Gestaltungsfähigkeit.
Kurz: Es geht um eine ganzheitliche Theorie und Praxis, Musikalisches und
eine das Musizieren verbindende Ausbildung von Musiklehrern und -schülern an
den Musikschulen, aber auch in außerschulischen Bereichen.
Das hierbei verbindende Fundament für alle Etagen einer pädagogisch
aufgebauten Musikschule liegt im Singen und Spielen, also im Musizieren, mit
dessen Hilfe auch das emotionale wie rationale Musikhören und schließlich
die Musiksprache im ganzen zu schulen ist. Und da die Sprache der Musik
hierbei als unbegriffliches Pendant zur verbalen Sprache verstanden ist,
soll auch dieses menschlich Kommunikationsvermögen von Kind auf, unabhängig
aller Begabung, im Elementarbereich spielen und vielleicht sogar spielerisch
herangebildet werden. Ein erstes Projekt der Mainzer Akademie dient daher
unter dem Motto „Hören und Spielen" einer instrumentalen Früherziehung am
Klavier.
Nicht zuletzt soll mit der so geförderten individuellen Reifung des
musischen Menschen auch eine allgemeine Steigerung des Musiklebens insgesamt
aufgebaut werden. Es sollen nicht nur einzelne Musikfreunde wieder das etwas
verschüttete abendländische Musikgut entdecken lernen, sondern duch den
musikalisch aktiven und kreativen Menschen soll nicht zuletzt auch die
Musik-kultur im ganzen lebensfähig und lebendig erhalten bleiben.
Daher kennt die Mainzer Akademie für Musikpädagogik keinerlei
Berührungsängste gegenüber anderen Wissenschaften, ja nicht einmal gegenüber
der Musikwirtschaft. Analog dem Kooperationsmodell im Deutschen Musikrat
versuchen hier Schule, Industrie und Handel in einer jeden Musikfreund
verpflichtenden Harmonie zusammenzuarbeiten. Unter der Leitung von Wolfgang
Schmidt-Köngernheim— gleichzeitig Direktor des Konservatoriums— sitzen in
der Akademie Musikschullehrer und Schulmusikerzieher zusammen an einem Tisch
mit den Vertretern der Musikinstrumenten-Herstellung, der Musikfachgeschäfte
und Musikverlage. Ergänzt wird dieser Trägerverein durch einen
wissenschaftlichen Beirat für die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit allen
in Frage kommenden Bezugswissenschaften wie Pädagogik, Psychologie,
Verhaltensforschung, Kultur- oder Musikanthrolpologie. Die gerade erst ein
Jahr junge Akademie für Musikpädagogik trägt somit dem lange Zeit verkannten
Anspruch Rechnung, daß gerade im musikalischen Bereich fast alle
Humanwissenschaften gefragt sind: durch ein richtig verstandenes Musizieren
wird der ganzheitliche Mensch mit all seinen physischen wie psychischen
Kräften und praktischen wie theoretischen Fähigkeiten gefordert und
gleichzeitig geformt. Daraus ergab sich auf der jüngsten Arbeitstagung im
Dalberger Hof für die von der Akademie geladenen Fachvertreter
konsequenterweise die vorrangige Aufgabe, ein Gesamtkonzept für die
Zusammenbindung von Theorie und Praxis zu entwickeln, dokumentiert in einer
entsprechenden Aufklärungsschrift für Lehrer und Eltern, konkretisiert in
einem Konzept für die Einbindung von Theoriefächern in den
Instrumentalunterricht.
Im Gründe soll hier also (wieder) verbunden werden was irreführende
Philosophien mit ihrer realitätsfremden Spaltung von Theorie und Praxis,
Geist und Körper zerrissen haben. Im Hausverbund mit dem die neuen Konzepte
umsetzenden Konservatorium baut die Akademie für Musikpädagogik daher nicht
nur äußerlich mit an einem „Haus der Musik", das alle musikalischen und
musikverwandten Teilzellen zusammenhält; sie trägt vielmehr auch dazu bei,
das breite Fundament zu schaffen, in dem möglichst alle musikalischen
Freiräume und musischen Keimzellen bewohnbar und wohnlich gemacht werden. |
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VIEW INTO THE COUNTRY
Sunday, January 10, 1988
"We Hear and Play" at the piano as a prelude
The Academy for Music Pedagogics stands before / In the baroque palace lives
a musical family
By our colleague
Joachim Haubrich MAINZ. - The baroque building of the Dalberger yard in
Mainz, formerly the Justice Palace, is today not only the seat of the Peter
Cornelius conservatory, but also other musical institutions, and the name
"House of Music" has become increasingly appropriate. Four additional groups
from the same family have found their home next to the conservatory: the
office of the Rhineland-Pfalz section of "youth plays", the Rhineland-Pfalz
country music council, the Rhineland-Pfalz country music academy, and
finally the Academy for Music Pedagogics. In 1986, out of a need for
statewide music pedagogics, the academy arose with a unique arrangement,
that tries to help all those entrusted with music instruction in every form. For this,
the academy developed instruction models and research projects which,
through rigorous development, offered efficient, effective, practice-related,
and above all scientific training systems for advanced music education.
More specifically,
this means: a skilled-labor highly gifted pianist talent should not play
more long without elementary knowledge in the music apprenticeship. With the
often unilaterally cultivated playing technology, knowledge of intonation,
harmony, form, style, sound must combine just as, like an accompanying ear
development and finally a characteristic formation capacity. Shortly: it
concerns an integrated theory and practice, musical and an education
connecting the playing by music teachers and students at the music training,
but also in except scholastic areas. The foundation connecting herewith
for all floors of a pedagogically constructed music training lies in the
singing and games, therefore in the playing, with whose aid also the
emotional like rational music hear and is educate finally the music language
in that very to. Pendant conceptual and there the language the music
herewith as un to the verbal language understood is, should play also this
humanly communication done from childhood on, independently all aptitude, in
the elementary area and perhaps even playfully trained become. A first
project of the Mainzer academy serves therefore under the motto „hearing and
games" an instrumental early upbringing at the piano. Finally also a
general increase of the music life is not supposed to be constructed with
the so promoted individual Reifung of the musischen person altogether. Not
only single music friends should spill discover learn again that somewhat
occidental music goods, but rather duch the musically active and creative
person also the music-culture in that should not finally entire viable and
alive receive remain. Therefore the Mainzer academy does not know for
music pedagogics no contact anxieties at all vis-à-vis other sciences, once
vis-à-vis the music economy. By analogy the cooperation model in the German
music advice try here school to collaborate industry and trade in each music
friends of obligating harmony. Under the direction of Wolfgang Schmidt-Köngernheim—
simultaneously director of the conservatory— music training teacher and
training music educator sit in the academy together at a table with the
representatives of the music instruments-manufacture, the music specialty
stores and music publishing houses. Supplemented becomes these carrier
societies through a scientific adviser for the interdisciplinary
collaboration with all reference sciences coming in question as well as
pedagogics, psychology, behavior research, culture or Musikanthrolpologie.
The academy young just recently a year for music pedagogics carries
misjudged therefore the long time claim calculation that just in the musical
area almost all humane sciences are asked: by a correctly understood
playing, the integrated person with all its physical like psychic powers and
practical like theoretical capacities is demanded and simultaneously formed.
From that consistent manner arose on the latest working conference in the
Dalberger yard for the specialty representatives loaded by the academy the
priority task of developing a total concept for the together tie of theory
and practice, documents in a corresponding clarification writing for teacher
and parents, concretizes in a draft for the linking of theory specialties
into the instrumental instruction. In the reason is supposed to be
connected here therefore (again) what misleading philosophies tore up with
its reality strange split of theory and practice, spirit and body. In the
house association with the conservatory transferring the new drafts, the
academy constructs for music pedagogics therefore not only external with at
one „house of the music", that all musical and music relative part cells
holds together; it carries rather also in addition by to create the wide
foundation, in which if possible all musical free rooms are made and
musischen germ cell inhabitably and comfortably. |